Bericht von Gertrude Kapellen
(Autorenartikel geben nicht die Meinung der Redaktion bzw. der AG Objektive Hermeneutik e.V. wieder, sondern werden von den Autoren selbst verantwortet.)
Seit mehreren Jahren finden in unterschiedlichen Volkshochschulen Bildungsurlaube (BU) zum Thema „Persönlichkeit und Sprachmächtigkeit“ statt mit dem Ziel, die aus den unterschiedlichsten Berufszweigen stammenden Teilnehmenden zu befähigen, die Objektive Hermeneutik in ihrer je eigenen Berufs- und Lebenspraxis eigenständig und kompetent anzuwenden.
Infolge der allgemeinen Unkenntnis darüber, was Objektiven Hermeneutik ist, wurde ein Seminartitel gewählt, der die Arbeit mit Sprache in den Mittelpunkt rückt und das Bildungsinteresse derer weckt, die verstärkt mit sprachlicher Kommunikation zu tun haben. Erst im Untertitel tauchtm die Objektive Hermeneutik auf „Praktischer Umgang mit der Objektive Hermeneutik“.
Mit dem Titel soll bereits deutlich gemacht werden, dass das Einüben in die Objektive Hermeneutik immer auch persönliche Entwicklungen anstößt. Während der objektiv hermeneutischen Arbeit werden ja regelmäßig emotionelle Barrieren sichtbar, die die Analyse subjektiv verfälschen können. Hier ist es nötig, im Interesse einer sauberen sprachlogischen Arbeit den Prozess zu unterbrechen und die emotionalen Verwicklungen zu klären, um zu einer objektiven Arbeitsweise zurückkehren zu können.
Nachdem in einer der letzten OH-Tagungen dieses Projekt vorgestellt wurde, fanden sich einige, zuletzt vier, Mitglieder in einer Arbeitsgruppe zusammen – Dr. Annegert Hemmerling, Gertrude Kapellen, Houschang Sanaiha und Zehra Ergi. Ausgehend von dem von Gertrude Kapellen erstellten BU-Skript wurde zunächst das Ablaufschema überarbeitet, da es klar war, dass die in sich logische Systematik beim Ablauf einer OH-Analyse von den Lernenden zunächst in allen Details begriffen werden muss.
Mithilfe dieses Ablaufschemas und dazu passenden Arbeitskarten, die ebenfalls von der Projekt-Gruppe entwickelt wurden, lässt sich die Methode der OH leicht und verständlich vermitteln. Die Rückmeldungen derjenigen, die an den bisherigen Bildungsurlauben teilgenommen haben und auch die der Veranstalter sind durchweg positiv. Fast alle Teilnehmenden bestätigten, dass sie sich motiviert und in der Lage fühlen, in ihrer jeweiligen Berufspraxis die Objektive Hermeneutik selbständig anzuwenden. Dabei wurden die zur Verfügung gestellten Basismaterialen wegen ihrer klaren Struktur als besonders hilfreich hervorgehoben.
Da Gertrude Kapellen im Vorfeld für die Durchführung der Bildungsurlaube bereits ein umfangreiches Skript erstellt hatte, hat sie die Aufgabe übernommen, auf der Grundlage dieses Textes ein Praxishandbuch zu schreiben. Es soll demnächst in Druck gehen und enthält auch alle Arbeitsmaterialien, die in den Seminaren verwendet werden – deswegen können diese Schemata und Texte hier vorerst nicht veröffentlicht werden.
Bildungsurlaube zum Thema Objektive Hermeneutik werden zurzeit veranstaltet von
- VHS Offenbach, Berliner Str. 77, 63065 Offenbach a. M., https://www.offenbach.de//bildung/vhs/index.php
Der nächste Termin hier: 8. – 12. April 2019, tägl. 10:00 – 17:00 Uhr - VHS Kreis Offenbach, 63303 Dreieich, Frankfurter Str. 160 – 166, Haus des Lebenslangen Lernens (HLL), https://vhs-kreis-offenbach.de/
Der nächste Termin hier: 1. – 5. Juli 2019, tägl. 10:00 – 17:00 Uhr
Übersichtsseite: http://www.gertrude-kapellen.de/index.php?id=88
Das Interesse an diesen Veranstaltungen ist groß; auch an anderen Volkshochschulen oder sonstigen Stätten der Erwachsenenbildung könnten weitere Bildungsurlaube zum Thema Objektive Hermeneutik angeboten werden. Wer die Objektive Hermeneutik praktisch beherrscht und über gute didaktische Fähigkeiten verfügt, könnte hier sicher ein interessantes Betätigungsfeld finden.
Recht auf Bildungsurlaub
Im Folgenden soll noch einiges zur Besonderheit des Bildungsurlaubs im Rahmen der beruflichen Weiterbildung gesagt werden.
Das Recht auf Bildungsurlaub (gilt bundesweit, außer in Bayern und Sachsen, ist aber wegen der Kulturhoheit der Länder nach Länderrecht geregelt)
- Das Recht auf Bildungsurlaub ist ein gesetzlich verankerter Anspruch der in allen Bundesländern (außer Bayern und Sachsen) Beschäftigten auf Freistellung von der Arbeit, zur Teilnahme an einer anerkannten Veranstaltung der politischen Bildung, der beruflichen Weiterbildung oder Ehrenamtsschulung.
- Pro Jahr steht z. B. den in Hessen Beschäftigten ein Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub zu.
Wie der Name sagt – rein objektiv hermeneutisch betrachtet – müsste es beim Bildungsurlaub um eine motivierende Mischung aus Lern- und Urlaubsangebot gehen und weckt innere Bilder von Urlaubsparadiesen, verbunden mit Lernangeboten.
Die Landesministerien wollen diese spezielle Art von Urlaub allerdings als Bildungsfreistellung im Arbeitsverhältnis verstanden wissen. Wird das, was Urlaub sonst suggeriert, in der Veranstaltung zu sehr betont, wird diese nicht als BU zugelassen. Einige Anbieter von BU helfen sich und den Teilnehmern damit, dass sie die Veranstaltungen an Orte verlegen, die mit Urlaub assoziiert sind, zum Beispiel auf Sylt. Das zuständige Hessische Ministerium für Soziales und Integration erklärt folgendes:
„Ziel des Bildungsurlaubs
Die berufliche und soziale Umwelt verändert sich rasant. Die kontinuierliche Qualifizierung und Fortbildung der Beschäftigten stellt einen wichtigen Wettbewerbs- und Standortfaktor dar. Sie ist unverzichtbare Voraussetzung zur Bewältigung der sich verändernden Anforderungen des Arbeitsmarktes und zur Stärkung des demokratischen Gemeinwesens.
Bildungsinvestitionen sind mitentscheidend für die Überwindung der Wirtschaftskrise. In diesem Kontext ist Bildungsfreistellung im Arbeitsverhältnis ein Instrument und zugleich ein Anreiz für Beschäftigte, um den Anforderungen des lebenslangen Lernens gerecht zu werden.“
In der Broschüre des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration heißt es auf die Frage: Was bringt mir persönlich ein Bildungsurlaub?
- „Der Besuch von Bildungsurlaubsseminaren der beruflichen Weiterbildung ermöglicht es, sich neue Inhalte für das eigene Berufsfeld anzueignen, vorhandene Fähigkeiten auszubauen oder berufliche Kenntnisse aufzufrischen.
- Im Rahmen der politischen Bildung eröffnet der Bildungsurlaub die Chance, politische und gesellschaftliche Entwicklungen in einem größeren Zusammenhang zu reflektieren und sich aktiv auf den unterschiedlichsten Ebenen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu beteiligen.
- Ehrenämter sind ein wichtiger Baustein für den Zusammenhalt und die Solidarität in unserer Gesellschaft. Der Besuch von Schulungen zur Wahrnehmung eines Ehrenamtes ermöglicht es, sich das erforderliche Sach- und Grundlagenwissen in bestimmten ehrenamtlichen Bereichen anzueignen.“
All diese Bedingungen passen sehr gut zu dem, was die Objektive Hermeneutik kann, weshalb das Projekt Bildungsurlaub mit Objektiver Hermeneutik ursprünglich gestartet wurde und hoffentlich noch viele weitere Interessenten findet – nicht nur als Teilnehmende an den Seminaren, sondern auch als Lehrende der Objektiven Hermeneutik.
Ausführliche Informationen, insbesondere auch zu den Unterschieden der gesetzlichen Reglungen in Bezug auf den Bildungsurlaub in den einzelnen Bundesländern, finden sich hier http://www.bildungsurlaub.de/infos.php.